Geschichtsunterricht mit Gänsehaut: Zeitzeugin hautnah
Jugendliche aus dem Marianum treffen Auschwitzüberlebende in Tschechien
Gerade noch fünf Auschwitzüberlebende gibt es in Tschechien. Eine davon ist Eva Lisková, geboren 1929 in Prag. Gemeinsam mit ihren tschechischen Freunden durfte jetzt eine Gruppe Jugendlicher aus Buxheim die Zeitzeugin hautnah beim Besuch der Gedenkstätte Lezaky erleben. Im Interview mit dem Kurator der Gedenkstätte, Vojtéch Kyncl, erzählte sie von den Anfängen der Judenverfolgung in Böhmen. Davon, dass sie als Kinder abends nicht mehr raus durften, dass sie ihre Haustiere abgeben mussten, sogar die Kanarienvögel, und dass einige ihrer Freundinnen mit den Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden. Mit Mutter und Schwester kam sie schließlich über Theresienstadt, Guttau, Dörbeck und Stutthof in das Vernichtungslager Auschwitz, in dem sie drei lange Jahre täglich den Tod vor Augen hatte. Wie durch ein Wunder überlebte sie auch den Todesmarsch nach der Evakuierung des Lagers durch die Rote Armee. Fünfzehn Jahre alt war sie damals. Genau so alt wie die meisten der achtzehn Schülerinnen und Schüler aus dem Buxheimer Marianum, die im Rahmen eines Schüleraustausches an diesem Vormittag nach Lezaky gekommen waren.
Die Gedenkstätte wurde auf dem Boden des ehemaligen Dorfes errichtet, das durch eine Vergeltungsaktion der Nationalsozialisten während des zweiten Weltkrieges vollkommen ausgelöscht wurde. Gebannt und berührt durften die Jugendlichen Eva Lisková an diesem historischen Ort über eine Stunde lang zuhören. Immer wieder hielt die sympathische alte Dame inne und fragte die Schüler, ob sie ihr denn das alles auch glauben könnten. Welch eine Frage! Am Ende bedankte sich die bescheidene Frau für so viel Aufmerksamkeit und Geduld. Dabei waren es doch die Schülerinnen und Schüler, die zu danken hatten. Für so viele offene Worte, die ihr spürbar Kraft kosteten, für die Bereitschaft, auch Fragen zu beantworten, und dafür, dass wir fast 70 Jahre nach Kriegsende so versöhnlich zusammenkommen können.
Dieses Treffen mit der Zeitzeugin Eva Lisková war ganz sicher ein Höhepunkt des Schüleraustausches zwischen dem Marianum in Buxheim und dem Gymnasium Dascika in Pardubice. Es macht deutlich, was es für ein Geschenk ist, nach der wechselvollen Geschichte zwischen den beiden Völkern heute gemeinsam in einem friedlichen Europa leben zu können. Viele Zeitzeugen gibt es nicht mehr auf der Welt. Um so wichtiger, dass wir uns heute unserer Verantwortung bewusst sind, die Geschichte lebendig zu halten, und – wie wir abschließend in Lezaky festhielten – dafür zu sorgen, „dass so etwas Schlimmes nie mehr passieren kann.‟
Oder wie es ein Neuntklässler so treffend formulierte: „Unsere Kinder werden keine Überlebenden mehr sprechen können, sie haben dann nur noch uns als Zeugen.‟
Bild 1: Ausschnitt vom Gruppenfoto: Eva Lisková umrahmt von Marianumsschülern
Bild 2: Gespräch zwischen dem Kurator Lezakys, Vojtéch Kyncl, und der Zeitzeugin Eva Lisková
Bild 3: Gruppenfoto (deutsche und tschechische Schüler in Lesaky)